Daten gelten als digitales Gold. Entsprechend herrscht bei deutschen Unternehmen aktuell eine Goldgräberstimmung vor. Achim Berg, der Präsident des Digitalverbands Bitkom, erläutert in einem Interview mit der deutschen Handwerkszeitung die Bedeutung von Daten in unserer Gesellschaft. Er beschreibt, dass ganz unterschiedliche Daten gesammelt werden, um Unternehmensprozesse zu optimieren und die Customer Experience zu verbessern. Der Erfolg der Datenauswertung hänge hierbei vom Digitalisierungsgrad der einzelnen Betriebe ab. Es sei wichtig, den Datenschutz nicht aus den Augen zu verlieren und den Bürgerinnen und Bürgern Vorteile durch die Digitalisierung zu verschaffen. Hierbei könnte eine dezentrale Datenspeicherung helfen. Berg geht davon aus, dass die Bedeutung von Daten in der Zukunft noch zunehmen wird. Wir stellen seine zentralen Thesen aus dem Interview vor.
Daten sind für Innovationen und optimierte Unternehmensprozesse unverzichtbar
Berg betont, dass Daten die Triebfeder sämtlicher Innovationen der heutigen Zeit seien. Unternehmen wären auf Daten angewiesen, um ihre Unternehmensprozesse zu optimieren oder ihre Angebote besonders kundenfreundlich und individuell zu gestalten. Ebenso könnten neue Geschäftsmodelle nur dann entwickelt und etabliert werden, wenn die hierfür notwendigen Daten zur Verfügung stünden.
Für Berg ist eine Weiterentwicklung der Wirtschaft ohne Daten nicht mehr vorstellbar. Das gelte für nahezu alle Wirtschaftsbereiche von der industrie über die Mobilität bis hin zur Landwirtschaft und dem Gesundheitswesen. Alle Betriebe versuchen, einen größtmöglichen Pool an Daten zusammenzustellen, auf den in der Alltagsarbeit zurückgegriffen werden kann. Das kann durch die Unternehmensführungen selbst oder durch einzelne Abteilungen innerhalb des Betriebs erfolgen.
Verschiedene Arten von Daten nutzen
Berg betont, dass Daten nicht gleich Daten seien. Unterschiedliche Betriebe könnten von jeweils anderen Daten besonders profitieren und diese für den Ausbau ihrer Geschäftsprozesse nutzen. So gebe es beispielsweise Kundendaten, die bei der Optimierung der eigenen Angebote hilfreich sind. Mit solchen Daten sei es möglich, die Funktionalität der Vertriebskanäle einzuschätzen und diese gegebenenfalls zu verbessern. Das Ziel hierbei müsse immer sein, die Zielgruppe passgenau anzusprechen und sie für die eigenen Angebote zu begeistern.
Ebenso wichtig sei jedoch, Daten unternehmensinterner Prozesse zu sammeln und auszuwerten. Anhand solcher Informationen lässt sich ablesen, wie gut die einzelnen Abteilungen des Betriebs arbeiten und ob beispielsweise eine Maschine in naher Zukunft ausfallen könnte. Auf diese Weise können Optimierungspotenziale ausgenutzt und wirtschaftlich schädigende Ausfälle vermieden werden. Wer Daten zur Verfügung hat, kann die Zukunft genauer vorhersagen und sich somit bestmöglich auf sie einstellen.
Erfolg bei der Datenauswertung hängt vom Digitalisierungsgrad der Betriebe ab
Wie erfolgreich die Unternehmen mit ihren Daten umgehen, hängt Berg zufolge nicht von der Unternehmensgröße ab. Vielmehr müsse der Digitalisierungsgrad der jeweiligen Betriebe in den Blick genommen werden. Wer sich von jeher auf die Digitalisierung fokussiert und die unternehmenseigenen Prozesse einer digitalen Transformation unterworfen hat, profitiere heute von den vorhandenen Daten besonders. Es gehe immer darum, die Datensammlung und -auswertung natürlich wachsen zu lassen und nicht von außen anzuordnen. Nur dann fände sie Akzeptanz bei der Belegschaft und die Daten würden tatsächlich angewendet und genutzt.
Wer sich hingegen mit der Digitalisierung noch nicht beschäftigt und sie auf einen nicht näher definierten Punkt in der Zukunft verschoben hat, habe aktuell bei der Nutzung von Daten das Nachsehen. So könne es beispielsweise passieren, das kostbare Daten zwar gesammelt werden und grundsätzlich zur Verfügung stehen, es aber an den nötigen Ressourcen und Kompetenzen für eine Auswertung fehlt. Betriebe, bei denen das der Fall ist, müssten dringend nachrüsten, um nicht gegen eine digitale Konkurrenz unterzugehen.
Diese Vorteile bringen Daten den Unternehmen
Bei der Frage nach der Relevanz von Daten für die Unternehmen verweist Berg auf eine Studie, die Anfang 2020 durchgeführt wurde. Hierbei zeigte sich, dass viele Unternehmen digitale Technologien für Ihre Unternehmensprozesse nutzen. 13% der Handwerksbetriebe arbeiten beispielsweise mit smarter software, um Arbeitszeiten an den jeweiligen Projektstatus anzugleichen. Zudem setzen 12% der befragten Betriebe Trackingsysteme ein, die bei der Kontrolle von Maschinen und Betriebsmitteln eine wichtige Rolle spielen. 10% vertrauen zudem auf digitale Technologien, wenn es um den Bereich vorausschauende Wartung geht.
Für Berg zeigt sich an solchen Entwicklungen, dass die Digitalisierung in den Unternehmen grundsätzlich angekommen ist. Sie helfe dabei, bei den einzelnen Prozessen Zeit zu sparen und die Betriebsabläufe zu vereinfachen. . Mittlerweile seien bereits 12% der deutschen Industrieunternehmen dazu übergegangen, KI für ihre Arbeiten zu nutzen. Hierdurch könnte eine verbesserte Produktivität erreicht werden und auch die Fehlererkennung ließe sich optimieren. Auf diese Weise würde es seltener zu Ausfallzeiten kommen, was die Produktion deutlich verbessern würde.
Den Datenschutz nicht aus den Augen verlieren
Laut Berg ist es wichtig, dass keine ungezügelte Datensammelwut ausbricht, sondern dass der Sammlung und Nutzung von Daten klare Grenzen gesetzt werden. Er verweist hierbei auf die Datenschutzgrundverordnung, die personenbezogene Daten vor einem Missbrauch bestmöglich schützen soll. Allerdings kritisiert er auch, dass die Umsetzung der DSGVO in den verschiedenen Mitgliedstaaten der EU noch nicht einheitlich erfolge. Hierdurch wäre ein umfassender Schutz der sensiblen Daten nicht immer möglich. Häufig gehe es in Betrieben jedoch gar nicht um die Nutzung personenbezogener Daten. Vielmehr würden Maschinen- und Sensordaten ausgenutzt, um die Prozesse der jeweiligen Betriebe zu optimieren.
So profitieren Bürger von der Digitalisierung
Berg zufolge profitieren aber nicht nur die Unternehmen, . So könnten beispielsweise digitale Kartendienste genutzt werden, um die Verkehrsführung in einer Stadt zu optimieren. Immer mehr Kundinnen und Kunden seien von digitalen Sprachassistenten angetan, die ihnen ihren Alltag zu Hause und bei der Arbeit erleichtern. Zudem könnte eine digitale Auswertung von Daten in der Medizin dabei helfen, Untersuchungen zu erleichtern und die Gesundheit von Patientinnen und Patienten zu fördern. Unter anderem erwähnt Berg die Auswertung von Röntgenbildern und CT-Scans als mögliche Einsatzgebiete digitaler Daten.
Mögliche Vorteile einer dezentralen Datenspeicherung
In den letzten Jahren hat das Cloud Computing in der Wirtschaft immer mehr an Bedeutung gewonnen. Hierbei werden alle Unternehmensdaten zentral in einer Cloud abgespeichert und stehen allen Berechtigten jederzeit zur Verfügung. Diese Lösung hat sich für zahlreiche Unternehmen jedoch nicht als funktional herausgestellt. Deswegen setzen immer mehr Firmen auf das Edge Computing. Hierbei werden Daten nicht zentral in der Cloud, sondern dezentral am Rand des Netzwerks abgespeichert. Sie befinden sich somit auf bestimmten Endgeräten oder innerhalb einer Firma, und können dort von allen Berechtigten genutzt werden.
Damit das Edge Computing optimal funktioniert, würden einheitliche Daten und Kundenschnittstellen benötigt. Mit diesen sei es möglich, die Daten unabhängig von bestimmten Geräten einsetzen und auswerten zu können. Solche Schnittstellen lassen sich Berg zufolge beispielsweise durch Standardisierungs- und Normungsprozesse erreichen. Er geht davon aus, dass sie sich nach und nach als Standard am Markt etablieren werden.
Die Relevanz von Daten wird in der Zukunft noch zunehmen
Schon heute spielen Daten in der Wirtschaft eine extrem wichtige Rolle. Berg geht davon aus, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren noch verschärfen wird. Für ihn werden die Gesellschaft und die Wirtschaft der Zukunft digital sein, weswegen schon heute Maßnahmen für eine digitale Transformation ergriffen werden müssten. Er sieht in der Politik positive Entwicklungen, um diesen Trend zu unterstützen. Für ihn ist es nicht so entscheidend, einzelnen Playern wie Google Ketten bei der Datensammlung anzulegen, sondern es gehe um konkrete Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Gesellschaft im Umgang mit digitalen Daten. Das Ziel müsse es sein, einen größtmöglichen Nutzen für die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger bei der Auswertung von Daten zu erreichen.