Das Bild von der Digitalisierung in den Köpfen der Menschen ist, wenn es denn überhaupt vorhanden ist, oft ein rein technisches. Die Realität sieht jedoch anders aus: Es sind Arbeitsmethoden, Denkweisen, Ansprüche, Erkenntnisse und Strategien, von denen die Transformation primär abhängt.
Neue Technologien und Geräte erscheinen Eindrucksvoll, bleiben aber nur Auslöser und Werkzeuge bei der Umsetzung der strategischen und soziokulturellen Veränderungen.
Im Folgenden geht es daher nicht nur um den Einsatz neuester Software und moderner Technologie; auch die organisatorischen Aspekte sollen beleuchtet werde.
Die Ausgangslage
Eine schnelle Digitalisierung rund um die Welt hat uns in den letzten Jahren zahlreiche Werkzeuge und neue Möglichkeiten an die Hand gegeben, die Produktivität und Effizienz in ungeahnte Höhen getrieben haben. Sie sind jedoch allesamt von einer schnellen, flexiblen und leistungsfähigen IT-Abteilung abhängig.
Traditionell war dieser Bereich sehr eigenständig und fungierte als interner Dienstleister für andere Abteilungen, denen er technische Lösungen und Service zur Verfügung stellte. Mit voranschreitender Transformation unserer Arbeitswelt ändern sich jedoch auch hier die Ansprüche: Die Software-Administration muss neuen Konzepten wie dem Internet of Things gewachsen sein, ihre bisherigen Services weiterführen und gleichzeitig mit den neuen Organisationsformen, Business Models und Arbeitsprozessen mithalten.
Als erste Anlaufstelle und praktischer Umsetzer sind sie dabei viel stärker gefordert als andere Bereiche. Während der Finanz-Mitarbeiter den Umgang mit Big Data, Predictive Analytics und künstlicher Intelligenz erlernen muss, ist man in der Administration zusätzlichen Ansprüchen ausgesetzt: Die entsprechende Architektur muss entwickelt werden, die neue Software sicher und performant integriert und bei Supportanfragen schnell und kompetent geholfen werden können.
Diese Aufgaben bewirken eine zusehends aktive Rolle innerhalb des Unternehmens. Die klassischen Probleme waren ursprünglich die der vorhandenen Infrastruktur und deren Funktion sowie das Beheben menschlicher Fehler (und, je nach Organisationsform, Infrastruktur und Netzwerk). Nun kommen jedoch noch Cloud-Anwendungen, Automatisierung und Co. hinzu.
Zwischen diesen traditionellen Aufgaben und dem Einsatz der zahlreichen neuen Hightech-Anwendungen entsteht eine Hybridrolle, die noch durch organisationale Veränderungen verkompliziert wird. Ein starkes IT-Team ist daher so wichtig wie nie zuvor.
Schlüsselbereiche der Transformation
Die technischen Abteilungen sind an vorderster Front, wenn es um die Umsetzung der technologischen Neuerungen geht. Damit einher geht die wichtige Rolle während der Transformation als auch danach, denn die Digitalisierung ist kein zeitlich begrenztes Projekt. Als permanenter Prozess bedarf sie der konstanten Betreuung und Unterstützung.
Während die hohe Anzahl neuer Software und Geräte die Arbeit der IT-Abteilung zusätzlich verkompliziert, bringt sie auch zahlreiche Vorteile mit sich: Arbeitsprozesse vereinfachen sich und die tatsächliche Arbeitslast verringert sich für alle Beteiligten.
Diese Verbesserungen lassen sich grob in vier Bereiche unterteilen:
- Automatisierung
Automatisierung ist keineswegs ein neues Konzept, aber die Möglichkeiten zur konsequenten Umsetzung haben sich in dramatischer Weise vermehrt – Automatisierung und Digitalisierung gehen Hand in Hand. Prozesse laufen schneller, effizienter und mit weniger Fehlern, wenn sie entsprechend konfiguriert wurden.
Moderne Unternehmen nutzen diese Automatisierung auf verschiedenen Weisen und der tatsächliche Einsatz wird mehr und mehr Aufgabe der IT Bereiche. Dies ermöglicht ihnen, Zeit und Energie auf wichtigere Aspekte zu fokussieren: etwa die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie und der Betrieb der existierenden Technik.
Einfache, repetitive Aufgaben werden künftig immer stärker automatisiert. Dazu zählen zum Beispiel
- Anlegen von Back-ups
- Management von Dokumenten/Wissen
- Tech Support
- Bestellungen und Vorratshaltung
- Zugriffskontrolle und Gefahrenprävention
Ein Customer Support Chatbot kann etwa Nutzer beim Zurücksetzen eines vergessenen Passworts behilflich sein oder auf der Suche nach speziellen Funktionen oder Dokumenten den richtigen Weg weisen. Wichtige Prozesse, wie das Ziehen von Back-ups oder die Datenverschlüsselung, werden dank automatischer Abwicklung schnell und zuverlässig durchgeführt.
Automatisierung ermöglicht den Einsatz von mehr Technologie, ohne die Notwendigkeit von mehr menschlicher Überwachung. Sorgsam installierte Systeme, wie intelligente Antworten zu alltäglichen Anfragen, können vorhandene Arbeitslast wirksam verringern. Menschliche Mitarbeiter bleibt dadurch mehr Zeit, die schwierige Hybridrolle zu meistern.
Wie auch in anderen Abteilungen bedeutet die Digitalisierung hier höhere Effizienz, einfachere Prozesse und die Fähigkeit, schneller und besser auf kritische Situationen reagieren zu können.
Artificial Intelligence erlaubt einen Einblick in die eigenen Daten, der vielen Unternehmen vorher verschlossen blieb. Die Entwicklung von AI-Systemen läuft rasend schnell ab, mit dem beinahe täglichen Bruch ehemaliger Rekorde als Folge. Intelligente Computer können übertreffen Menschen heute in dutzenden Disziplinen, von der Handschrifterkennung bis zum Schachspiel und darüber hinaus.
In der IT-Abteilung steht KI insbesondere für:
– Anomalie-Erkennung, um potenzielle Probleme in Daten und Systemen zu entdecken. Gefahren lassen sich so schneller und mit größerer Akkuratesse erkennen.
– Tiefere Einblicke in die bestehenden Daten gewinnen. Die Fähigkeiten zum Data-Mining moderner Systeme übertreffen die menschlichen Möglichkeiten um ein vielfaches und erlauben das Heben der vorhandenen Datenschätze.
– Prozess- und Workflow Analyse mit dem Ziel, Verbesserungsmöglichkeiten in den bestehenden Strukturen zu finden.
– Aufwertung des bisherigen Kundendienstes, des Kunden- und Mitarbeitererlebnisses durch den Einsatz technischer Unterstützung.
Es lassen sich zahlreiche weitere Möglichkeiten finden, mit denen moderne Technologie die IT-Administration unterstützen kann. Darunter zum Beispiel Machine Learning, das intelligenten Systemen ermöglicht, selbstständig auf Gegebenheiten zu reagieren, auch, wenn die Lösungen nicht vorher programmiert wurden.
Derartige Anwendungen bieten unersetzliche Vorteile für Tech-Bereiche und befähigen sie, die digitale Transformation zu meistern. Die grundlegende Erkenntnis ist dabei, dass sich AI-Knowhow fast sofort lohnt und extreme Verbesserungen ermöglicht. Es sollte daher generell möglichst schnell und umfassend erworben und weiterentwickelt werden.
- Realtime Security
Die Sicherheit der eigenen Systeme und Daten ist eine Schlüsselaufgabe in allen technischen Berufen. Einer der eindrucksvollsten Aspekte der Digitalisierung ist dabei die dramatische Beschleunigung der Arbeitsprozesse, hin zu einer Geschwindigkeit, die Reaktionen in Echtzeit ermöglicht. Die IT-Abteilung nutzt diese Fähigkeit primär zur Bekämpfung von Sicherheitsproblemen direkt zum Zeitpunkt des Entstehens.
Sicherheit ist ein Schlüsselfaktor für unternehmerischen Erfolg geworden – unabhängig von der Größe. Eine Studie des Ponemon Institute aus dem Jahre 2018 ergab etwa, dass mehr als zwei Drittel aller Unternehmen mindestens eine Cyber-Attacke pro Jahr erleben. Auch IBM veröffentliche interessante Ergebnisse: So dauert es im Durchschnitt unfassbare 197 Tage, bevor ein Angriff identifiziert wird und weitere 69 bevor er erfolgreich eingedämmt wurde. Lediglich 3 % der untersuchten Firmen konnten die Versuche sofort erkennen.
Insbesondere kleine Unternehmen haben selten die Infrastruktur, um sich auf effiziente Weise zu schützen. Größere Konzerne wiederum bieten deutlich mehr Angriffsfläche und Schwachpunkte, die zu sichern ebenfalls schwierig ist. Das Outsourcing der eigenen IT-Sicherheit ist daher ein oft zu beobachtendes Vorgehen – mit gemischten Resultaten.
Hacker und andere Angreifer nutzen dabei die begrenzte Aufmerksamkeit von menschlichen Sicherheitsbeauftragten – Überstunden, Müdigkeit und Ablenkungen verringern die Effizienz der eigenen Gefahrenabwehr. Ein Großteil aller Attacken verwendet zusätzlich Phishing und Social Engineering, um erneut den „Schwachpunkt Mensch“ auszunutzen.
Automatisierte Echtzeit-Security bildet das ideale Gegenmodell. Von der Erkennung verdächtiger Link in den E-Mail Postfächern der Mitarbeiter bis hin zu ungewöhnlichem Verhalten bestimmter Accounts lassen sich viele Gefahren schnell stoppen.
Insbesondere seit den dramatischen Folgen der Covid-19-Pandemie wurde die Bedeutung dieses Bereichs noch einmal verstärkt: Mit gravierender Zunahme an Homeoffice Tätigkeit entdeckten viele Unternehmen die Vorzüge dieses Arbeitsmodells, vor dessen breiter Anwendung sie sich vorher geradezu abergläubisch gesträubt hatten. Dies bringt zahlreiche Vorteile für Arbeitgeber und -Nehmer; die IT-Sicherheit gehört jedoch zweifellos nicht dazu.
Ausreichende Cybersecurity bereitzustellen war bisher ein aufwendiger und teurer Prozess. Mit automatischer Angriffserkennung lässt sich nun jedoch ein grundlegendes Sicherheitslevel erreichen, ohne tausende von Arbeitsstunden hochbezahlter Experten dafür zu opfern.
Diese Sicherheit ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg der digitalen Transformation
- Stärkere Vernetzung
Die Aufgaben des IT-Departments erweitern sich mit fortschreitender Digitalisierung eines Unternehmens. Es gibt jedoch auch Vereinfachungen, die damit einhergehen. Dazu zählen zum Beispiel die stärkere Vernetzung von Abteilungen und Geräten sowie die Integration einstmals abgeschotteter Systeme, Teams oder Personen.
Viele Möglichkeiten illustrieren dies in der Praxis: Die Vernetzung und Digitalisierung eines Druckersystems kann zum Beispiel die Kosten je Abteilung/Team/Person, Nutzerverhalten und Optimierungsmöglichkeiten erfassen. Zusätzlich kann die Sicherheit erhöht werden, da ein intelligentes System nicht nur den Ausführer eines Druckauftrags, sondern auch Inhalt und Grund offenlegen kann.
Fortschreitende Netzwerk-Integration bedeutet größere Herausforderungen für die IT-Abteilungen. Anwendungen, von Internet of Things über Blockchain bis zur künstlichen Intelligenz, müssen reibungslos funktionieren. Wie in vielen anderen Fällen lohnt sich jedoch der initiale Aufwand durch die vielen Vereinfachungen, die daraus folgen.
Nicht-technische Herausforderungen und Lösungen
1.Recruiting und Employer-Branding
Die neuen und komplexen Anforderungen der digitalen Transformation bedeuten in den meisten Fällen ein Wachsen der IT-Abteilungen, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Auch der Qualifikationsgrad ist in der Administration oft sehr hoch, bei gleichzeitig gravierendem Mangel an entsprechenden Experten auf dem Weltmarkt. Das Besetzen der neuen Positionen (oder Re-besetzen der alten) gestaltet sich für nahezu alle Unternehmen extrem schwierig.
Dieser „War for talents“ wird sich in absehbarer Zeit nur weiter verstärken und bedeutet erhebliche Gefahren für Firmen, die nicht das Interesse der potenziellen Bewerber wecken. IT-Abteilungen mit altbackenen Hierarchien, historischer Technik und Keller-Büro lassen sich jungen, hochqualifizierten Einsteigern nicht mehr verkaufen.
Auch die Zusammenstellung von heterogenen Teams war und ist hier besonders schwierig. Dass Gruppen von Menschen mit gleicher kultureller Herkunft, Geschlecht, Alter usw. immer deutlich schlechtere Leistung abliefern, als buntgemischte, ist ein wissenschaftlich erwiesener Fakt. Leider bleibt die IT weiterhin eine Männerdomäne.
Um langfristige Erfolge in der Digitalisierung sicherzustellen, sind Unternehmen daher zusehends auf eine aktive Recruiting-Strategie angewiesen und sollten diese auch mit entsprechenden Ressourcen ausstatten. Die enge Zusammenarbeit mit der jeweiligen Personalabteilung und die konzentrierte Arbeit an entsprechenden Employer-Branding-Maßnahmen ist daher unerlässlich.
Auch die gezielte Nachwuchsförderung durch Werbung für den jeweiligen Beruf und das Anbieten von Ausbildungen und dualen Studiengängen ist ein exzellentes Mittel. Sie kann das Füllen offener Sollstellen ermöglichen und bringt den Vorteil, die jungen Mitarbeiter direkt an die Arbeitsweise des Unternehmens heranzuführen. Die übliche Einarbeitungszeit bei Jobantritt (in hochqualifizierten Berufen wird etwa ein Zeitraum von 12 Monaten angenommen, bevor ein neuer Mitarbeiter volle Leistung erbringen kann) entfällt fast völlig, wenn der Neuzugang im eigenen Unternehmen als Werkstudent herangewachsen ist.
Es besteht hierbei jedoch die Gefahr von „Wissensinzest“: Die dualen Studenten sind in der Regel an Universitäten in der Region eingeschrieben, an denen auch schon die älteren Mitarbeiter das gleiche Wissen von den gleichen Professoren vermittelt bekamen… Frischer Wind wird dabei selten in die Büros getragen.
2. Neue Arbeitsmethoden und Organisationsformen
Während vor einigen Jahren maximal über Mehrlinien- und Matrixorganisationen diskutiert wurde, gibt es heute eine Fülle an Organisationsmethoden. Während die Digitalisierung das Aussterben der klassischen Führungskraft eingeläutet hat, werden Fachexperten als eigentliche Leistungsträger immer wichtiger. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in einer Fülle neuer Unternehmensformen, Aufbauten, Arbeitsweisen usw. wider.
Arbeit nach den Agile Grundsätzen mit Methoden wie SCRUM oder Extreme Programming ermöglichen heute vielen Teams deutlich bessere Zusammenarbeit und Ergebnisse. Flache oder gar nicht existente Hierarchien erleichtern vielerorts die Arbeitsabläufe und verringern Stress unter den Beteiligten. Mit der Verlagerung von Betriebsaspekten in die Entwicklungsteams (DevOps) werden Programmierer für Stabilität und Leistung ihrer Produkte sensibilisiert. Ein gleiches Vorgehen mit Sicherheitsaspekten lässt immer mehr Teams interdisziplinär werden.
Da es keine ideale Arbeitsform für alle Unternehmen oder gar alle Bereiche/Abteilungen/Teams/Personen gibt, bleibt an dieser Stelle nur der Hinweis, sich intensive mit der eigenen Organisation zu befassen. Sie bildet den Schlüssel zum langfristigen Erfolg und ist besonders für eine so stark von der Digitalisierung geforderte Abteilung wie die IT-Administration von elementarer Bedeutung.
Es kann nicht stark genug betont werden, dass die digitale Transformation nicht nur eine Übertragung analoger Arbeitsweisen in Digitale bedeutet. Es ist ein Umdenken hinsichtlich Zusammenarbeit und Arbeitsweise nötig, um den dramatischen Veränderungen gerecht zu werden.