Informations- und Kommunikationstechnologie ist nicht nur im Kern der Digitalisierung; als besonders breiter Oberbegriff ist auch eine unüberschaubare Anzahl an einzelnen Trends und Entwicklungen damit verbunden, was eine akurate Beschreibung zusätzlich verkompliziert.
Unter der Bezeichnung verstanden werden zunächst sämtliche Technologien, die dem Zugriff, Speicherung, Übertragung oder sonstiger Manipulation von Informationen in digitaler Form dienen. Die dürfte schnell den gewaltigen Umfang und die extreme Bedeutung für die digitale Transformation als ganzes verdeutlichen. Neben “greifbaren” Systemen wie Rechenzentren, Endgeräten, Leitungen und Sendenmasten etc. zählen hierzu aber auch abstrakte Konzepte und Software, wie Social Media, Messenger oder Video-Konferenzen.
Abgesehen von ihrer enormen Bedeutung für andere Bereiche und unser modernes Leben als Ganzes, bringt die Digitalisierung aber auch enorme Veränderung in die Information and Communication Technologies (ICT) Branche als solches. Darunter fallen, neben neuen Technologien und Optimierungen, auch neue Geschäftsprozesse und organisationale Neuerungen.
Um den Umfang dieses Beitrags zu begrenzen, soll es hier nur um Kommunikationstechnik im “klassischen Sinn”, also die Branche der Telekommunikationsanbieter, Technikdienstleister etc. gehen, da diese besonders intensiven Veränderungen ausgesetzt sind.
Wandel durch neue Technologien
ICT Unternehmen erleben nicht nur das Auftauchen zahlreicher neuer Technologien, sondern auch deren rasend schnelle Umsetzung und Verbreitung, da eine gewaltige Nachfrage und Marktgröße besteht. Dabei kann der Einsatz solcher Lösungen schnell zu großen Wettbewerbsvorteilen, der Fähigkeit, die drastisch gewachsenen Kundenbedürfnisse zu befriedigen und höheren Umsätzen führen.
Gleichzeitig besteht, wie in allen anderen Branchen, eine stetig wachsende Gefahr des Bedeutungsverlustes, wenn solche konkreten Entwicklungen verschlafen oder gar die Digitalisierung als ganzes ignoriert werden. Zu diesen wichtigen Technologien zählen konkret:
Cloud-basierte Netzwerke
Das schnelle Wachstum von Daten und ihr Einsatz sowie die explosionsartige Steigerung von vernetzten Geräten belastet die Netzwerk-Kapazität bereits heute extrem – Tendenz steigend. Darüber hinaus muss mittelfristig auch die Netzwerk Latenz drastisch reduziert werden, um nahtlose Kundenerlebnisse zu ermöglichen. Um mit dieser stetig wachsenden Nachfrage mitzuhalten, scheinen skalierbare Netzwerklösungen ideal, denn sie versprechen die Möglichkeit, auch zu Peak-Zeiten die gewaltigen Datenströme zu managen.
Unter diese Cloud-basierten Netzwerke fallen dabei besonders interessante Technologien, wie Software Defined Networks (SDNs) und Network Funtion Virtualization (NFV).
Software Defined Networks
SDN ist ein moderner Ansatz des Netzwerk-Management, bei dem Daten und Kontroll-Ebenen aufgelöst werden. Dies ermöglicht die Organisation der Netzwerkmodule von einer zentralen Location oder Gerät, mit deutlichen Effizienzsteigerungen als Resultat. Weitere Verbesserungen entstehen durch das einfache Ausschließen von z.B. defekten Netzwerkkomponenten, da diese jederzeit zugänglich sind.
Zu den wichtigsten Vorteilen zählt aber zweifellos die Möglichkeit, Netzwerke stets “on-demand” zu gestalten, also anhand der jeweiligen Kundenwünsche. Dies führt zu signifikanten Einsparungen auf Dienstleisterseite sowie zu einer besseren Customer Experience.
Network Function Virtualization (NFV)
Moderne Netzwerke sind mit proprietären Geräten überfüllt, deren Installation und Wartung hohe Kosten durch Energieverbrauch und Personal verursacht. NFV bietet hier, als moderne Management Technologie, Abhilfe, da es zahlreiche Einzelgeräte durch Software auf virtuellen Maschinen ersetzt. Diese können kopiert oder verschoben werden, ohne die Notwendigkeit von Hardware-Änderungen.
Durch die Trennung der Netzwerkfunktionen von den eigentlichen Geräten, auf denen diese betrieben werden, entstehen zahlreiche Vorteile. So wird etwa eine deutlich höhere Flexibilität erreicht, der Betrieb günstiger und deutlich einfacher und Energiekosten drastisch gesenkt.
Zwar sind SDN und NFV eigenständige Technologien; sie ergänzen sich jedoch hervorragend und können direkte und greifbare Vorteile für Unternehmen in der Informationstechnik schaffen. Unter anderem deshalb erfreuen sie sich aktuell einer solchen Aufmerksamkeit und sind oft im Doppelpack anzutreffen.
In Kombination mit künstlicher Intelligenz können die beiden Technologien eingesetzt werden, um ein sogenanntes Zero-Touch Network zu schaffen, welches verbesserte Verfügbarkeit und Effizienz verspricht. Ein solches Netzwerk ist so weit automatisiert, dass ein Großteil aller Prozesse, wie etwa Konfiguration oder Wartung, drastisch vereinfacht und beschleunigt ablaufen.
Auch die Gefahr menschlichen Versagens wird deutlich reduziert, was die Verlässlichkeit eines solchen System weiter erhöht. Daneben sind solche Netzwerke vor allem für ihre hohe Widerstandsfähigkeit gegen Schäden und Angriffe bekannt. Die Nachfrage nach hochperformanter Datenübertragung bei geringer Latenz erzeugt einen erhöhten Bedarf an realtime Anpassungsfähigkeit, welche im Falle von Fehlern oder Überlastungen zum Einsatz kommen kann.
Zero-Touch bietet eine automatisierte Netzwerkkonfiguration, Skalierung und die Fähigkeit zur eigenständigen Reparatur und ist gerade deshalb für die Branche so interessant. Dabei zeigen sich die deutlichsten Effekte, wenn ein solches Zero-Touch Network über die gesamte Infrastruktur ausgerollt wird.
Internet of Things
Die Vorteile durch den Einsatz von Internet of Things Technologie im Bereich Kommunikationstechnik sind zahlreich und weitreichend. Wie auch in anderen Disziplinen (z.B. Industrie, Gesundheitswesen, Transport…) ist eine Zukunft ohne ihren umfassenden Einsatz höchst unwahrscheinlich. Die Anzahl der so verbundenen Geräte wird bis zum Jahre 2025 auf mindestens 34 Milliarden geschätzt.
Das gilt auch für den Telekommunikationssektor, in dem der Zugewinn durch IoT auf bis zu 1,8 Billionen bis 2026 geschätzt wird.
IoT und Big Data Predictive Analytics
Der Einsatz von Internet of Things Lösungen im großen Maßstab erlaubt das Gewinnen von großen Mengen an Daten, die gewinnbringend eingesetzt werden können. Durch den Einsatz von Analysemethoden aus dem Big Data Umfeld können diese Informationen genutzt werden, um zum Beispiel die Verhaltensmuster der Kunden zu deuten und eine verbesserte Customer Experience zu schaffen.
Kostengünstiges IoT WAN
Firmen können erhebliche Einsparungen vornehmen, wenn Machine to Machine (M2M) Kommunikation künftig über IoT Lösungen abgewickelt wird. Während nämlich bisherige M2M Systeme über GSM oder Wi-Fi verbunden sind (beide sind mit hohem Energieverbrauch verbunden) können IoT Geräte auf Wide Area Network (WAN) basis arbeiten, was zu drastischen Energieeinsparungen führen kann.
IoT-basiertes Geräte Monitoring
Sendemasten für Handynetze bestehen aus einer großen Anzahl von Geräten, deren reibungsloser Betrieb von großer Bedeutung ist. Diese Einzelteile brauche ein hochwertiges Backup, um den rund-um-die-Uhr Betrieb zu gewährleisten und Ausfälle zu vermeiden. Telekommunikationsunternehmen können hierfür IoT-basierte Kontrollzentren einrichten, in denen Daten der Sendeeinrichtungen erfasst und analysiert werden. Hierdurch können die Fachkräfte wichtige Kennzahlen einfach überwachen und die erhobenen Daten nutzen, um Wartungs- und Stromkosten zu reduzieren.
5G
Weltweit erfolgt Stück für Stück der Umstieg auf das 5G Netz, welches in vielen Belangen das aktuelle 4G LTE ablösen wird. Die deutlich höhere Netzwerkkapazität und die vielfach schnellere Geschwindigkeit von bis zu 20GB pro Sekunde sind dabei nicht die einzigen erwähnenswerten Neuerungen. Denn die massiv reduzierte Latenz von nur noch einer Millisekunde oder weniger (4G aktuell ca. 200 MS) verspricht außergewöhnliche Vorteile.
Von verbesserten Mobilfunkgeschwindigkeiten bis hin zum Datenaustausch in Echtzeit bietet diese neue Geschwindigkeit zahlreiche Möglichkeiten. Es ist daher nicht nur zu erwarten, dass Kunden schnell zu Anbietern dieser Technologie wechseln; auch im Business Bereich sind Dienstleister mit entsprechendem 5G Knowhow auf absehbare Zeit deutlich im Vorteil gegenüber den weniger spezialisierten Konkurrenten.
Auch die bereits erwähnte IoT Technologie profitiert ungemein von 5G, bzw. wird in weiten Teilen durch dieses neue Netz überhaupt erst ermöglicht. Denn Smart Homes, Offices und Cities sind auf die hohen Geschwindigkeiten der Datenübertragung angewiesen, wenn Konzepte von entsprechender Qualität und Komplexität realisiert werden sollen. Auch für Industrie 4.0 und Autonome Fahrzeuge ist 5G als Grundlage nahezu unumgänglich.
Bestmögliche Ergebnisse können insbesondere erreicht werden, wenn ein entsprechendes Campus Network eingesetzt wird. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von begrenzter Reichweite, dass zum Beispiel innerhalb einer Fabrik (oder anderen Örtlichkeit) zum Einsatz kommt. Die geringe Latenz und hohe Durchsatzrate des 5G Netzes erlaubt schnellen Datentransfer und die Verarbeitung innerhalb des Netzwerks, was zu signifikanter Effizienzsteigerung und logistischer Vereinfachung führen kann.
Bei allen Vorzügen bremsen zahlreiche Probleme den Einsatz der Technologie. Darunter etwa die Auswahl des besten Übertragunsspektrums, von denen mehrere zur Verfügung stehen, sowie wie die gewaltigen Kosten, die mit dem initialen Setup einhergehen. Entsprechend lange Amortisierungsphasen oder verringerte ROIs können die direkte Folge sein, die viele Dienstleister nach wie vor abschreckt.
Struktureller Wandel
Neben besonders signifikanten technischen Veränderung erleben Informations- und Kommunikationstechnik Unternehmen auch dramatische interne Neuerungen. Als häufig bereits seit längerem aktive Firmen sehen sie sich den gleichen Problemen ausgesetzt, vor denen auch alt-ehrwürdige Banken, Industriebetriebe und nahezu jede andere Branche stehen: Die bisherigen Strukturen und Prozesse sind den neuen Anforderungen nicht gewachsen
Zu den typischen Schwierigkeiten zählt etwa eine zu geringe Umsetzungsgeschwindigkeit von Projekten, was häufig auf Organisationsformen mit entsprechend geringer Performance beruht. Neue Methoden und Teamstrukturen, wie sie zum Beispiel durch die Verwendung agiler Arbeitsweisen aktuell sehr beliebt sind, können hier Abhilfe schaffen. Ziel muss grundsätzlich die schnelle und kundenzentrierte Denk- und Handlungsweise sein, die in allen Köpfen eines Unternehmens verankert sein sollte.
Andere Allgemeinplätze sind die datenbasierte Vorgehensweise, die in sämtlichen Prozessen Anwendung finden sollte. Denn die Datenzentrierung ist eine der Hauptsäulen der digitalen Transformation: Das umfassende erheben von Informationen durch die bisherigen Kanäle wird dabei erweitert und um neue Sensoren etc. erweitert. Im Anschluss erfolgt die Auswertung durch moderne Analyseverfahren oder künstliche Intelligenz. Die Grundlage für diese Vorgänge liegt jedoch ebenfalls im strukturellen Verständnis und der Verankerung in den Köpfen der Mitarbeiter.
Diese Herausforderungen gelten sowohl für große Telekommunikationsfirmen wie auch kleine ICT-Dienstleister. Während Erstere den schnell wechselnden Kundenanforderungen und dem schnellen Marktverlust bei Misserfolgen ausgeliefert sind, sehen sich letztere mit hohen technischen Hürden in anspruchsvollen Szenarien konfrontiert.
Dabei fällt es kleinen und mittleren Dienstleistern oft schwer, die notwendige Kompetenz im eigenen Unternehmen aufzubauen, da entsprechende Experten in allen Branchen heiß begehrt sind. Das Realisieren komplexer Netzwerkinstallationen und Systeme, die auf neueste Technologien wie künstliche Intelligenz setzen, kann die Kapazitäten der Anbieter in vielerlei Hinsicht schnell ausreizen.
Ein rechtzeitiges Investment in den Aufbau des Fachwissens ist daher vonnöten. Aus anderen Bereichen steht die mehrgleisige Strategie aus kurzfristigen Recruiting-Maßnahmen, mittelfristigem Employer-Branding und langfristiger Nachwuchsförderung als erfolgreiches Beispiel zur Verfügung. Steigende Gehälter entsprechender Experten führen dennoch zu höheren Schwierigkeiten, gewinnbringend mit den neuen Technologien zu wirtschaften.
Für die großen Player hingegen sind Fachkräfte oft weniger problematisch; hier sind es meist die veränderten Kundenerwartungen und die Komplexität der Kommunikation, die zu Problemen führen. Dies umfasst viele typische Aspekte der Digitalisierung, die auch andere Bereiche intensiv durchleben: Die Erreichbarkeit auf sämtlichen Kanälen (inklusive Social Media, Messenger und Telefon), schnelle Problemlösung und angepasste Kommunikation gehören dabei zum absoluten Minimum. Omnichannel-Lösungen, die ein nahtloses Kundenerlebnis bieten, stellen die nächste Entwicklungsstufe dar und zählen zunehmend zum Standard.
Fazit
Die Informations- und Kommunikationstechnikbranche ist von äußerst starken, technologischen Veränderungen beeinflusst. Die Digitalisierung macht sich hier in ihrer direkten Form von Soft- und Hardwareveränderungen bemerkbar und auch die Einflüsse auf Strukturen von Unternehmen sollten nicht außer Acht gelassen werden.
Mit den neuen Systemen sind gewaltige Effizienzsteigerungen verbunden. Diese zu nutzen setzt wiederum das nötige Knowhow voraus, welches Unternehmen vor große Herausforderungen stellen kann.
Die Neuerungen im ICT Bereich geben sich dabei in geradezu halsbrecherischen Tempo die Klinke in die Hand. Betroffene Firmen sind gut beraten, umgehend und langfristig auf Digitalisierung zu setzen.