Definition Virtual Reality (VR)

Was schon seit Jahrzehnten der Traum von Videospiel-Enthusiasten war, ist dank günstiger und leistungsfähiger Hardware heute Alltag: bei Virtual Reality Anwendungen befindet sich der Nutzer inmitten einer digitalen Welt.

Aber VR Brillen sind nicht nur den „Gamern“ vorbehalten: im Rahmen der Digitalisierung, die unser aller Leben privat wie beruflich verändert, wurden für die virtuellen Welten unlängst weitere, hochinteressante Anwendungsbereiche gefunden.

Mittendrin statt nur dabei

Virtual Reality Konzepte lassen sich am einfachsten in Abgrenzung zu bisherigen Systemen beschreiben: selbst das realistischste Computerspiel oder der mit größtem Budget produzierte Animationsfilm findet stets nur auf einem Bildschirm vor uns statt. Natürlich gibt es in der Art der Bildschirme gewaltige Unterschiede (Man vergleiche etwa das Starren auf ein Handy bei starkem Sonnenlicht mit dem Filmerlebnis der Großleinwand in einem abgedunkelten Kinosaal), aber dem Zuschauer ist doch immer bewusst, dass es sich um eine Darstellung handelt.

Sobald jedoch die VR-Brille über den Kopf gezogen wird, lässt sich ein Ende der Simulation nicht mehr erkennen: wohin der Nutzer auch blickt, es gibt keinen Bildschirmrand oder Ähnliches, dass auf die Existenz der realen Welt  hindeutet. Instinktiv akzeptiert der sensorische Teil unseres Gehirns, nun Teil dieser virtuellen Realität zu sein – auch wenn wir natürlich wissen, dass es sich um eine Computersimulation handelt.

Die Effekte werden nach wie vor gerne von den Menschen belächelt, die noch keine praktischen Erfahrungen mit den Geräten sammeln konnten. Wer jedoch einmal ein VR-System verwendet hat, wird sich schlagartig der gewaltigen Kraft bewusst, mit der uns neue Welten suggeriert werden. So ist es für entsprechende Anwendungen ein leichtes, den Nutzern den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben, mit wilden Achterbahnfahrten ganz reale Übelkeit zu erzeugen oder mit digitalen Hindernis Parcours zu absurden Verrenkungen in der echten Welt zu sorgen.

Dass sich eine Technologie mit einem derart hohen Unterhaltungswert sehr erfolgreich vermarkten lässt, versteht sich von selbst. Durch die neuen Möglichkeiten und stärkere Vernetzung, die durch die Digitale Transformation in unsere Leben getragen wurde, fanden sich aber auch sehr schnell weitere Anwendungsbereiche.

Definition „Virtuelle Realität“

Eine Definition ist leicht zu finden und fällt sehr kompakt aus: „Virtuelle Realität“ beschreibt eine Simulation, die den jeweiligen Anwender vollständig umgibt und ihn so Teil der Computergenerierten Welt werden lässt. Dabei kann es sich um ein reales Video oder künstliche Grafiken handeln – die Gemeinsamkeit ist, dass der Nutzer niemals einen Bildschirm vor sich wahrnimmt.

Definition Digitalisierung

Unter Digitalisierung versteht man, ganz nüchtern betrachtet, lediglich das Übertragen von ehemals analogen Vorgängen hin zu Digitalen. Auch wenn uns dieser und ähnliche Begriffe aktuell verstärkt begegnen, handelt es sich dabei doch um einen sehr alten und einfachen Prozess, denn fast jede Form von Digitalisierung wird mit Effizienzsteigerungen, Kostensenkungen und neuen, bisher ungekannten Möglichkeiten belohnt. Kein Wunder also, dass wir Menschen schon immer sehr an ihr interessiert waren.

Durch den immer schneller werdenden technischen Fortschritt und die wechselseitige Unterstützung (neue Technologien ermöglichen neue Technologien ermöglichen neue Technologien …) gewann die Digitalisierung in den letzten Jahren derart an Geschwindigkeit, dass sie mittlerweile in alle Bereiche unseres Lebens eingedrungen und von dort nicht mehr wegzudenken ist. Diese Digitale Transformation ist ein technologischer, soziokultureller, wirtschaftlicher und intellektueller Prozess, der gigantische Umwälzungen mit sich bringt.

Insbesondere für Unternehmen entstehen durch die Digitale Transformation bisher ungeahnte Möglichkeiten – sie lauert jedoch auch mit erheblichen Gefahren auf, insbesondere, wenn sie ignoriert wird.

Einsatzmöglichkeiten für Unternehmen

Während der Erfolg der Technologie ganz klar auf dem enormen Unterhaltungswert in Form von Spielen und 360° Videos basiert, bringt ihr Einsatz auch erhebliche Mehrwerte für Unternehmen.

Mitarbeitertraining

Virtual Reality Simulationen eigenen sich ideal zur Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern. Insbesondere Situationen, die sich nur mit großem finanziellem oder logistischem Aufwand in der Realität herstellen lassen, sind für ein virtuelles Training geeignet. So erfreuen sich VR Brillen etwa bei der Vorbereitung von Astronauten auf Weltraumaufenthalte großer Beliebtheit und auch im militärischen Bereich ist der Einsatz bereits üblich.

In der Industrie lassen sich Wartungs- und Umbauarbeiten an Maschinen beliebig oft simulieren, um im Ernstfall schnell und sicher handeln zu können. Verkürzte Stillstände und geringere Kosten sind der Lohn.

HTC HIVE VR Brille

Auch „Soft Skills“ lassen sich virtuell trainieren: vom Sprechen vor großen Menschenmengen bis zu Fremdsprachentrainings warten zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten. Und während Mitarbeiter der Personalabteilung mit der VR-Brille das Lesen von Körpersprache in Vorstellungsgesprächen verbessern, arbeiten künftige Bewerber mit der gleichen Technologie daran, beim nächsten Interview weniger gestresst zu wirken.

Daten- und Informationsvisualisierung

Die Bedeutung von Daten – über das eigene Unternehmen, Kunden, Zulieferer, Konkurrenz, Markt, Produkte… – kann für ein Unternehmen in Zeiten der Digitalisierung nicht stark genug betont werden. Das tatsächliche Ableiten von Handlungsempfehlungen oder verständlich machen von Zusammenhängen kann sich jedoch oft als schwierig heraus stellen. Data Scientisten, die nächtelang mit den eingeschränkten Visualisierungsmöglichkeiten von Balkendiagramm und Co. kämpfen, um sich auf die Präsentation bei der Geschäftsführung vorzubereiten, können davon ein trauriges Lied singen.

Mit dem Einsatz von virtueller Realität können diese Zahlen aber plötzlich in einen sichtbaren Zusammenhang gebracht und so blitzschnell vermittelt werden. Laufen Sie zwischen den grafischen Prognosen des kommenden und letzten Quartals hindurch und greifen Sie einen Wert heraus, um eine Ebene tiefer darstellen zu lassen. Zeigen Sie auf den größten Kostenfaktor in Ihrer Bilanz und Ihre Umgebung verwandelt sich in die entsprechende Abteilung. Wählen Sie das Produkt, das sich am besten verkauft und lassen Sie es neben den Produkten der Konkurrenz anzeigen. Drehen und wenden Sie es oder zeigen Sie auf eine Komponente, um die kosten des Bauteils anzuzeigen….

Auch Abseits von rein kaufmännischen Erwägungen bieten VR Anwendungen neue Möglichkeiten: ein Ingenieur kann den Motor von innen betrachten und in Echtzeit verändern; ein Architekt sein Meisterwerk gemeinsam mit dem Abnahmegremium direkt begehen. Die Marktforschungsabteilung testet zehn neue Layouts für die Läden der Modekette, ohne ein einziges (echtes) Regal zu bewegen und die Chirurgin ist während der endoskopischen Operation virtuell im Körper des Patienten und kann so sicherstellen, dass ihr nichts entgeht.

Da wir als Menschen in erster Linie visuelle Wesen sind, bietet diese neue Art der Betrachtung von Daten, Objekten und Umgebungen enorme Mehrwerte. Ehemals zweidimensionale Darstellungen lassen sich nun von allen Seiten betrachten, greifen und verändern.  

Virtuelle Meetings und Zusammenarbeit

Die Bedeutung guter Zusammenarbeit über weite Distanzen wurde nicht erst mit der globalen Covid-19 Pandemie klar: schon immer versuchte man, durch Verbesserungen der Kommunikation die Produktivität zu erhöhen.

Während Telefon und Videotelefonie zwar große Geschwindigkeitsvorteile gegenüber z.B. dem Schriftverkehr via E-Mail bieten, bedeuten Gespräche in einer virtuellen Realität jedoch noch einmal einen erheblichen Vorsprung in Sachen Einfachheit und Unmissverständlichkeit.

Durch das Aufhalten im gleichen Raum (wenn auch kein Realer…) erhöht sich die Qualität von Meetings enorm. Die unter 2. Angesprochenen Möglichkeiten zur Datenvisualisierungen erlauben es den Gesprächspartnern, die vom jeweiligen Sprecher vorgestellten Informationen multidimensional zu betrachten.

Ein Vortragender, der die Mittel des neuen Mediums beherrscht, ist in der Lage, exzellente Präsentationen zu erstellen. Hierbei können auch komplexe Informationen in einem Bruchteil der Zeit vermittelt werden, die man in bisherigen Terminen gewöhnt war. Auch die traumatischen Erlebnisse aus stundenlangen Folienschlachten, an die sich so viele Manager gewöhnt haben, werden dadurch hoffentlich bald vergessen sein.

Daneben ist – entsprechende Technik vorausgesetzt – sogar die Übertragung von Körpersprache und Mimik möglich. Da der eigentliche Inhalt, bekanntermaßen, nur etwa 10 % unserer gesamten Kommunikation ausmacht, sinkt durch solche VR-Meetings die Gefahr von Missverständnissen und Problemen.

Selbst, wenn die nötigen Sensoren und Kameras nicht vorhanden sind und ein Teilnehmer nur mit einer VR-Brille ausgestattet ist, bietet die Anwesenheit seines „Avatars“ in der virtuellen Welt bereits einen Vorteil: es fühlt sich einfacher besser an, die Personen im jeweiligen Raum zu sehen.

Neben diesen „Meta-Potenzialen“, die Prozesse und Arbeit in einem Unternehmen verbessern können, kann Virtual Reality aber auch zum eigentlichen Geschäftsmodell werden oder dieses unterstützen. Neben den naheliegenden Feldern „Videospiele“ und „3D Videos“ können mit den Brillen im medizinischen Bereich etwa erfolgreich Ängste, chronische Schmerzen und andere Leiden therapiert werden. Eine Möglichkeit, die zahlreichen Anbietern bereits hohe Einnahmen beschert.

Und natürlich spricht nichts dagegen, den enormen Unterhaltungswert der Geräte im Geschäftskontext einzusetzen:  ein VR-System schafft es zuverlässig, wartende Kunden oder Business-Partner auch über längere Zeit zu beschäftigen und kann so für eine entspanntere Atmosphäre im anstehenden Termin sorgen.

Hemmnisse der Technologie

Während der Aufenthalt in der virtuellen Welt beeindruckend, unterhaltsam und hilfreich sein kann, offenbart ein Blick hinter die Kulissen einige Schwierigkeiten: die Produktion der virtuellen Realität, also das Erstellen von Objekten usw. ist nach wie vor ein zeitraubender Prozess, der noch wenig automatisiert abläuft. Die vielen Vorzüge, die ein VR-System bietet, müssen daher immer vor dem Aspekt des enormen Aufwandes gesehen werden, der zur Produktion selbst einfacher Grafiken nötig ist.

In den letzten Jahren gab es hier gewaltige Fortschritte: die Produktion eines 360° Videos mittels einer entsprechenden Kamera und das anschließende Betrachten via VR Brille ist, unter anderem dank dem Engagement von YouTube, ein reibungsloser Vorgang geworden. Und auch VR-Spiele lassen sich ohne größeren Mehraufwand erstellen oder von traditionellen Systemen übertragen.

Im Businessbereich bleibt es aber weiterhin eher schwierig, virtuelle Realitäten mit vertretbarem Aufwand einzusetzen. Die Möglichkeiten zur Daten- und Produktvisualisierung bleiben daher meist Demonstrationsanwendungen und sind für den Alltag noch zu Arbeitsintensiv.

Ein weiteres, allgemeines Problem ergibt sich durch die veränderte Art, in der wir heute Medien konsumieren: während die Digitale Transformation uns an schnelllebigen, leichten Content auf verschiedenen Geräten gewöhnt hat, bedeutet VR den entgegengesetzten Weg einzuschlagen. Anstatt Netflix-schauend auf dem Sofa zu liegen und auf unserem Smartphone gleichzeitig den Instagram-Feed zu durchscrollen, während wir 4 Nachrichten in 3 verschiedenen Messangern beantworten,  verlangt der Einsatz der VR-Brille unsere ganze Aufmerksamkeit.

Da uns die Technologie – per Definition – vollständig umschließt, lässt sie die Nutzung weiteren Inputs (fast) nicht zu. Diese Konzentration auf ein einziges Medium, auf eine einzige Aktivität fällt uns zusehends schwieriger: wir trainieren uns diese Art des „fokussierten Konsums“ immer weiter ab.

Die Digitalisierung schuf die technischen Grundlagen für die moderne VR-Technologie und ermöglichte ihre Berühmtheit und Verbreitung. Gleichzeitig ändert sie jedoch unsere Lebensgewohnheiten und  erschwert ihr damit den umfassenden Erfolg.

Fazit

Virtual Reality Brillen sind extrem unterhaltsame, eindrucksvolle Geräte. Ihr Nutzen im geschäftlichen Umfeld ist hingegen überschaubar. Zwar können sie ein extrem wirkungsvolles Instrument darstellen, mit dem sich Inhalte vermitteln oder Mitarbeiter schulen lassen; in der Realität bleiben aber aufgrund des hohen Produktionsaufwands oft nur out-of-the-box Angebote sinnvoll.

Auch, wenn wir auf absehbare Zeit noch keine Inhalte auf Knopfdruck von unserem Schreibtisch aus erzeugen, sondern auf die kostspielige Arbeit professioneller VR-Studios angewiesen sein werden: Das große Potenzial der Technologie ist nicht zu leugnen. Wer schon einmal eine solche Brille ausprobiert hat, wird es Ihnen bestätigen!