Der Auftragnehmer bekommt von seinem Auftraggeber in der Regel vor Beginn eines geplanten Projekts das betreffende Lastenheft. In diesem ist grob skizziert, wie das Projekt vonstattengehen soll und welche Ziele in welchem Zeitrahmen definiert sind. Vielfach ist das Lastenheft auch als Anforderungskatalog bekannt und es wird meist bei der Softwareentwicklung oder im Media Design angefertigt, um das jeweilige Projekt klar und zielorientiert für beide Seiten darstellen zu können. Wenn eine Ausschreibung für mehrere Auftragnehmer die Möglichkeit einer Angebotsabgabe eröffnen soll, ist es nützlich, mit einem gut strukturierten Lastenheft bereits schon in der Ausschreibung klare Anforderungen an die Auftragserledigung zu stellen. Der Vorteil dabei liegt für beide Seiten wohl auf der Hand. Der Auftraggeber hat die Möglichkeit, den Auftragnehmer auszusuchen, der das Projekt nicht nur am günstigsten, sondern vor allem besonders zielorientiert erledigen wird. Er kann erkennen, ob der betreffende Auftragnehmer die Zielvorgaben wie er sie sieht, verstanden hat und genauso umsetzen wird. Der Auftragnehmer hat dadurch bereits vor einer Angebotsabgabe ganz klare Richtlinien und Zielvorgaben und muss daher sein Angebot nicht ins Blaue hinein abgeben.
Flexibel bleiben – Veränderungen als Fortschritt sehen
Auch wenn das Lastenheft natürlich im besten Fall vor dem Start des Projekts für den Auftragnehmer bereitstehen sollte, kann es dennoch sein, dass im Verlauf der Realisierung eines Projekts noch kleine und große Änderungen eingearbeitet werden müssen. Unter Umständen kann es auch vorkommen, dass die gesamte Zielsetzung noch verändert werden muss, denn Erkenntnisse, die erst aufkeimen während der Durchführung des Projekts, sollten nicht rein negativ gesehen werden. Eher ist es eine Möglichkeit, etwas noch zu verbessern und vielleicht etwas nie da Gewesenes zu schaffen. Das ursprüngliche Lastenheft sollte naturgemäß vollständig vom Auftraggeber erstellt werden, doch der Auftragnehmer sollte ihn auch darauf hinweisen, dass in den seltensten Fällen ein Projekt ohne Änderungen und Verbesserungen auf dem Wege zum Ziel auskommt. Beide Seiten sollten auf Flexibilität setzen und Veränderungen keinesfalls als etwas Negatives bewerten. Ansonsten verstrickt sich die gesamte Projektleitung von vornherein in Grundsatzdiskussionen ohne Sinn. Daher muss der Auftragnehmer zunächst prüfen, ob und in welchem Umfang das Projekt überhaupt in der Form, die der Auftraggeber vorgibt umsetzen lässt. Der Auftragnehmer sollte nicht einfach große strukturelle Änderungen in das Pflichtenheft schreiben, ohne vorher mit dem Auftraggeber gesprochen zu haben. Wie meist in der Praxis ist auch hierbei eine gute Kommunikation der entscheidende Punkt für ein erfolgreiches Projekt.
Nicht immer ganz einfach, der Weg vom Lastenheft zum Pflichtenheft
Während zunächst in einem Lastenheft die Anforderungen des Auftraggebers noch eher allgemein umrissen werden und kaum Details enthalten sind, müssen in dem Pflichtenheft, das der Auftragnehmer erstellt, weitere Informationen neben den Basis- und Grundanforderungen herausgearbeitet sein. Sie sollten möglichst konkret und präzise ausformuliert sein und genau auf die Wünsche eingehen, die der Auftraggeber in seinem Lastenheft formuliert hat. Der Auftragnehmer sollte seine Kreativität bei den Lösungsvorschlägen weitestgehend erhalten und die eigene Kompetenz sehr zielorientiert einbringen können. In der Praxis werden häufig auch unklare Begriffe für das Pflichtenheft verwendet, wie beispielsweise Sollkonzept oder Feature Specification, aber auch Gesamtsystemspezifikation oder funktionelle Spezifikation sind recht gebräuchlich. Hier kommt leider auch oft die Begrifflichkeit zwischen Lastenheft und Pflichtenheft durcheinander, da beide Begriffe für beide Vorgabeformen verwendet werden. Das Pflichtenheft ist nach der DIN 69901-5 eine Formulierung der Umsetzung von Anforderungen des Auftraggebers. Laut der VDI-Richtlinie 2519 Blatt 1 soll das Pflichtenheft die Umsetzung von Kundenanforderungen beschreiben, wie dieser sie ursprünglich in seinem Lastenheft vom Auftragnehmer angefordert hat.
Prüfen, beraten und einigen – die endgültige Fassung
Der Auftraggeber sollte nach dem Empfang des Pflichtenheftes alle Punkte mit dem ursprünglichen Grundkonzept abgleichen und überprüfen. Die Vorstellungen und Wünsche der Auftraggeber können im Laufe der Erstellung des Pflichtenheftes verändert oder verfälscht worden sein und so für den Auftraggeber nicht mehr akzeptabel sein. Diese abweichenden Punkte müssen sofort nach dem Erhalt des Pflichtenhefts reklamiert werden. Hat der Auftragnehmer erst begonnen, nach dem neuen Konzept zu arbeiten, geht ihm unter Umständen viel kostbare Arbeitszeit verloren und für den Auftraggeber verzögert sich die Realisierung des Projekts im schlimmsten Fall für eine lange Zeit. Alle aufkommenden Fragen sollte das ProjektManagement daher unbedingt vor Beginn der Abarbeitung des Pflichtenheftes gemeinsam ausräumen, da die Kommunikation der beiden Parteien mittels des Pflichtenheftes auf keinerlei gesetzlicher Grundlage basiert. Möchte der Auftragnehmer also ein erfolgreiches Projekt abschließen und auch dafür bezahlt werden, sollte er auf eine möglichst gute Kommunikation mit seinem Auftraggeber achten und diese auch stets schriftlich dokumentieren. Der Auftragnehmer sollte grundsätzlich erst mit der eigentlichen Arbeit beginnen, wenn der Auftraggeber das Pflichtenheft abgenommen hat. Die Mitwirkungspflicht des Auftragnehmers sieht von ihm eine geforderte Bestätigung vor, wenn er mit den Details und Zielvorgaben des Pflichtenheftes konform geht. Anderenfalls kann er aber auch Änderungen anregen oder verlangen, wenn ihm die Vorgaben im Pflichtenheft nicht ausreichend scheinen.
Klare Vorgaben erstellen – Hauptaufgabe des Auftraggebers
Je präziser der Auftraggeber die Aufgaben des Auftragnehmers und die Ziele des Projekts bereits in seinem Lastenheft formuliert, umso erfolgreicher wird die gesamte Aufgabe hinterher realisiert. Aber auch in dem Pflichtenheft muss der Auftragnehmer für eine knappe und klare Sprache in den Beschreibungen sorgen. Hier sind Tabellen und Eventuell Skizzen ebenso wie Diagramme zur Verdeutlichung unbedingt erforderlich. Wichtig ist bei der Beschreibung der Aufgabe nicht der Weg, den der Auftragnehmer gehen will, sondern einzig eine detaillierte Beschreibung des geforderten Ziels. Gerade bei Projekten, die im Bereich des Internets angesiedelt sind, muss daher auch auf die genauen Ziele und deren Formulierung geachtet werden. Missverständnisse und Unklarheiten sollten in ausführlichen Gesprächen vermieden werden und alle diese Besprechungen sind zu protokollieren. Wobei vorsichtshalber die Protokolle von wichtigen Grundsatzgesprächen auch immer von beiden Seiten unterschrieben werden müssen.
Aufgaben teilweise abgeben bei Großprojekten
Beide Seiten können von einer weiteren Möglichkeit der Minimierung von Missverständnissen profitieren, indem sie einen externen Dienstleister für die Erstellung eines Pflichtenheftes in Anspruch nehmen. Gerade bei Großprojekten gehen allein schon die sprachlichen Eigenheiten der beiden Parteien weit auseinander, was die Formulierung der Details für den Auftragnehmer schwer macht. Meist steckt er derartig in seiner Fachsprache, dass er diese Details und Teilaspekte nicht für den Laien, als der ein Auftraggeber häufig betrachtet werden muss, verständlich herüberbringen kann. So erstellt dann ein Fachmann, der sich mit den besonderen Fallstricken in diesem Metier auskennt, ein strukturiertes Pflichtenheft, mit dem der Auftragnehmer ebenso wie der Auftraggeber gut arbeiten kann. Soll beispielsweise ein Pflichtenheft für ein neu zu erstellendes Webportal angefertigt werden, muss eine bestimmte Struktur der abzuarbeitenden Punkte in einer gewissen Reihenfolge eingehalten werden. Diese Dienstleister kennen sich sehr gut damit aus, den beiden Parteien sozusagen als Dolmetscher zur Verfügung zu stehen. Bevor also die Gefahr aufkommt, dass ein Projekt an einem unterschiedlichen Wissensstand und fachlichen Sprachbarrieren scheitern könnte, sollten die beiden Seiten unbedingt eine derartige Hilfe für sich in Anspruch nehmen.